Der Taupunkt
Der Taupunkt ist ein wichtiger Begriff im Bereich der Baufeuchte-Messung. Nicht immer ist allen Beteiligten klar, was es mit dem Taupunkt genau auf sich hat, was er bedeutet und wie er berechnet wird.
Vielleicht ist es Zeit für eine Auffrischung?
Unsere Luft ist je nach Lufttemperatur in der Lage, mehr oder weniger Wasser aufzunehmen und zu binden. Je höher die Lufttemperatur, umso mehr Wasser kann die Luft aufnehmen.
Dargestellt wird dieses Phänomen über das sogenannte h-x-Diagramm, das von Mollier 1923 vorgestellt wurde:
(h-x-Diagramm aus Wikipedia.de)
Wenn warme Luft in der Lage ist, mehr Wasser aufzunehmen als Kalte, stellt sich natürlich die Frage, was mit dem Wasser passiert, das die Luft beim Abkühlen nicht mehr binden kann?
Die Antwort ist einfach: Das Wasser fällt in Form von kleinsten Wassertropfen aus, die sich sofort auf der nächstgelegenen Oberfläche absetzen. Es entsteht Tau, wie wir ihn auch vom Morgentau kennen, wenn die warme und sehr wasserhaltige Abendluft über Nacht auskühlt.
Die Temperatur, bei der diese Wassertropfen entstehen nennt sich der "Taupunkt". Der Taupunkt ist dabei allein von der Wassermenge in der Luft abhängig. Je mehr Wasser in der Luft gebunden ist, umso höher ist die Temperatur, ab der die ersten Wassertropfen ausfallen. Je geringer die Menge des gebundenen Wassers in der Luft ist, um so später fallen Tröpfchen aus und umso niedriger der Taupunkt.
Warum ist der Taupunkt für Bausachverständige nun aber so wichtig?
Nehmen wir zum Beispiel ein beheiztes Wohngebäude im Winter. Durch die Nutzung des Gebäudes (Ausatmen, Duschen und Waschen, Verdunstung von Pflanzen, nasse Wäsche etc.) wird ständig Wasser in die Umgebung abgegeben. Die warme Luft kann viel Wasser aufnehmen, bei 21°C sind das beispielweise etwa 15 Gramm pro Kilogramm Luft (siehe h-x-Diagramm). Außerhalb des Hauses ist es aber kalt und die Kälte macht sich je nach Qualität der Dämmung auf den Innenseiten der Außenwände, Fenster, Türen und Decken bemerkbar. Auf diesen Bauteiloberflächen sind die Temperaturen teilweise deutlich niedriger als die durchschnittliche Raumtemperatur. Die kalten Oberflächen kühlen aber auch die Luft in ihrer unmittelbaren Nähe auf ihre eigene Temperatur herunter. Liegt diese Temperatur dann in der Nähe des Taupunkts oder sogar darunter, kann die Luft das gebundene Wasser nicht mehr halten. Es fällt aus und die Wassertröpfchen setzen sich auf dem Bauteil ab. An Fensterscheiben ist dies zum Beispiel deutlich erkennbar, hier bildet sich Wasser, das sich unten an der Glasscheibe sammelt.
Von anderen Baumaterialien wird das Wasser dagegen aufgesogen. Es ist mit dem Auge nicht erkennbar, erhöht aber die Feuchtigkeit des Materials. So entsteht ein idealer Nährboden für Schimmelpilze. Auch die Dämmung des Baumaterials wird durch das gut wärmeleitende Wasser im Material schlechter. Die Oberflächentemperatur verringert sich weiter, ein Teufelkreislauf beginnt.
Je höher die absolute Luftfeuchtigkeit im Raum und je geringer die Außentemperatur ist, umso schneller wird der Taupunkt unterschritten. Bei der Beurteilung von Taupunktunterschreitungen sind daher mehrere Aspekte wichtig:
- Der Taupunkt hängt nur von der absoluten Luftfeuchtigkeit im Raum ab. Diese wiederum ist von der relativen Luftfeuchtigkeit und der Lufttemperatur abhängig. Je höher die relative Luftfeuchtigkeit und die Lufttemperatur sind, umso höher ist auch der Taupunkt, und umso schneller kommt es zu Taupunktunterschreitungen auf der Wand oder am Fenster.
- Der Taupunkt sollte bei realen Bedingungen im Raum gemessen werden. Misst man ihn direkt nach dem Lüften, ist die Luftfeuchtigkeit unrealistisch niedrig, der Taupunkt zu hoch. Taupunktunterschreitungen auf Bauteilen werden nicht erkannt. Ein Datenlogger zur Feuchte- und Temperaturmessung (bewährt hat sich der DeltaOhm HD208) sollte zur Messung der durchschnittichen Luftfeuchte und Lufttemperatur verwendet werden.
- Auch bei Oberflächentemperaturen etwas oberhalb des Taupunktes fällt bereits Wasser auf den kühleren Oberflächen aus. Die Schimmelgefahr steigt also langsam an, je näher man dem Taupunkt kommt. Außerdem sind die Mess-Ungenauigkeiten aller Messgeräte zu beachten.
- Die Oberflächentemperatur hängt direkt von der Außentemperatur ab. Bei der Beurteilung, ob Taupunktunterschreitungen problematisch sind, muss man deshalb prüfen, bei welchen Außentemperaturen diese erreicht werden. -20°C sind in Deutschland extrem selten. Wird nur bei solchen Extremtemperaturen der Taupunkt auf der Oberfläche unterschritten, ist das sicher wesentlich unbedenklicher als wenn bereits bei +5° Außentemperatur Unterschreitungen des Taupunktes auf Bauteilen festgestellt werden.
- Durch regelmäßiges Lüften wird im Winter kalte Luft mit sehr geringem Wasseranteil in das Gebäude eingelassen. Beim anschließenden Erwärmen im Inneren des Gebäudes kann die Luft dann wieder sehr viel Wasser aufnehmen.
- Kleinflächige Taupunktunterschreitungen sind problematischer als großflächige Unterschreitungen, da dann viel Wasser auf eine kleine Bauteilmasse ausfällt und das Material besonders feucht wird.
- Glasflächen sind bei Taupunktunterschreitungen im Allgemeinen kein großes Problem, da das Wasser auf Glas sofort auffällt und leicht weggewischt werden kann. Wände saugen dagegen das Wasser auf, so dass dies lange Zeit nicht bemerkt wird bis es zur Schimmelbildung kommt. Es gibt daher weniger Probleme mit Schimmel, wenn die Fensterscheiben schlechter gedämmt sind als die Wände. Das sollte insbesondere bei der Reihenfolge von Sanierungsmaßnahmen beachtet werden.
- Werden Außenwände zum Beispiel durch Möbel teilweise von der Luftzirkulation abgeschnitten, wird die Wandtemperatur durch die fehlende Erwärmung dort besonders niedrig sein. Die absolute Luftfeuchtigkeit ist aber meist die gleiche wie im übrigen Raum. Taupunktunterschreitungen und Schimmelbildung sind hier daher besonders oft zu finden.
Kann man abschätzen, bei welchen Luftfeuchtigkeiten es zu Taupunktunterschreitungen kommen kann?
Ja, das kann man.
Das h-x-Diagramm ermöglicht es sehr einfach, aus angenommenen Luftfeuchtigkeiten und -temperaturen auf die Taupunkte und damit auf eventuelle Probleme zu schließen.
Im h-x-Diagramm wird der Taupunkt durch die unterste Kurve mit, Phi=1,0, also 100% relative Luftfeuchtigkeit, dargestellt. Folgt man dieser Kurve sieht man bei welcher absoluten Luftfeuchtigkeit (untere Achse in Gramm Wasser / Kg Luft) sich welcher Taupunkt ergibt (linke Achse in °C).
Wie kommt man aber auf die absolute Luftfeuchtigkeit ? Dieser Wert kann durch elektrische Messgeräte nicht direkt gemessen werden. Diese messen ausschließlich die relative Luftfeuchtigkeit (im h-x-Diagramm die einzelnen Kurven, wobei der rechts angetragene Wert Phi für die jeweilige relative Luftfeuchtigkeit steht, also Phi = 0,9 bedeutet 90% relative Luftfeuchtigkeit). Kennt das Messgerät neben der relativen Luftfeuchtigkeit nun auch noch die Lufttemperatur kann man aus dem h-x-Diagramm leicht die absolute Luftfeuchtigkeit ablesen, in dem man auf der Höhe der Lufttemperatur so lange nach rechts geht, bis man die Kurve der entsprechenden relativen Luftfeuchtigkeit trifft. Geht man von diesem Schnittpunkt senkrecht nach unten auf die untere Achse, kann man die absolute Luftfeuchtigkeit ablesen. Auf dem Weg dorthin trifft manauch die Kurve mit 100% Luftfeuchtigkeit (Phi = 1). Dies ist die Taupunkt-Kurve. Gehen wir an diesem Schnittpunkt wieder nach links auf die Temperaturskala, können wir auch den Taupunkt direkt ablesen.
Leicht erkennbar ist so zum Beispiel, dass der Taupunkt bei einer Wohnung mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von 70% (Phi = 0,7) und einer Lufttemperatur von 21°C bei etwa 15°C liegt, während er bei der gleichen Lufttemperatur aber einer relativen Luftfeuchtigkeit von nur 60% bei etwa 12°C liegt. 10% weniger Luftfeuchtigkeit sorgen also für einen deutlich niedrigeren Taupunkt und damit einem deutlich geringeren Schimmelrisiko auch bei schlecht gedämmten Wänden.
In der Praxis machen alle besseren Luftfeuchtemessgeräte die Umrechnung in den Taupunkt übrigens automatisch, meist genügt ein Tastendruck. Siehe unsere Feuchte-Messgeräte: Feuchte-Messgeräte
Trotzdem hilft es zu verstehen, wie sich der Taupunkt bei Änderungen in der relativen Luftfeuchtigkeit oder der Lufttemperatur mit ändert, um realistische Aussagen zum Gebäudezustand zu machen.